„So macht das auch die Deutsche Bundesbahn, wenn sie eine Strecke stillegen möchte: Nicht einfach sofort alle Züge streichen. Erst den Fahrplan so ausdünnen, so dass keiner mehr mitfährt. Danach ‚mangels Nachfrage‘ die Strecke unauffällig ganz plattmachen“ (Ein Bürgerfunker).

Nach dem Willen von CDU und FDP, die am 9.1.2007 einen Änderungsentwurf für das Landesmediengesetz vorgelegt haben, soll der Bürgerfunk in ganz NRW auf täglich eine Stunde ab 21 Uhr reduziert werden.

Zugleich beweist die Landesregierung Sinn für Humor: Für die neu eröffnete Fahrt auf dem Abstellgleis wird nach eigenen Worten das „Führerschein-Prinzip“ eingeführt. Das heißt, für deutlich schlechtere Sendeplätze werden gleichzeitig die Teilnahme-Anforderungen erhöht: „Bürgerfunk im lokalen Hörfunk wird von Gruppen betrieben, die (…) über eine geeignete Qualifizierung verfügen (…) Das Nähere regelt die LfM durch Satzung. Darin ist festzuschreiben, dass eine geeignete Qualifizierung die erfolgreiche Teilnahme an einer Qualifizierungsmaßnahme erfordert.“

Den Radiowerkstätten wird jegliche Planungssicherheit entzogen, indem komplett auf Projektförderung umgestellt und die Produktionshilfe der Veranstaltergemeinschaften als vielerorts wichtiger Finanzierungsbaustein ersatzlos gestrichen wird.

Das scheint absurd. Ist es aber gar nicht. Weil es eben gar nicht um eine Qualitätssteigerung des Bürgerfunks geht. Das ist nur Polit-Sprech. Es geht einzig und allein darum, den Interessen der Lokalradiobetreiber/ Zeitungsverleger als Hauptanteilseigner zum Durchbruch zu verhelfen. Und da kann jede Schwächung des nicht-kommerziellen Programmanteils Bürgerfunk und seiner gewachsenen, teils widerständigen Strukturen nur nützlich sein.

DOKUMENTATION: Der Gesetzentwurf

Kompletter Gesetzentwurf
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Die geplanten Neuregelungen für den Bürgerfunk im Überblick:

>>> Funktionsauftrag
„Der Bürgerfunk im lokalen Hörfunk dient dazu, das lokale Informationsangebot zu ergänzen und den Erwerb von Medienkompetenz, insbesondere von Schülerinnen und Schülern, zu ermöglichen und damit auch zur gesellschaftlichen Meinungsbildung beizutragen.“

>>> Sendezeit und -volumen
Verschiebung und Reduzierung auf eine Stunde Bürgerfunk pro Tag ab 21 Uhr:

„Die Veranstaltergemeinschaften sollen in ihr Programm Programmbeiträge von Gruppen im Sinne der Absätze 1 bis 3 von täglich höchstens 60 Minuten abzüglich der Sendezeiten für Nachrichten, Wetter- und Verkehrsmeldungen und Werbung einbeziehen. (…) Der Bürgerfunk soll landesweit einheitlich im Programmschema der lokalen Hörfunkprogramme werktags in der Zeit zwischen 21 Uhr und 22 Uhr verbreitet werden. An Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen soll der Bürgerfunk gemäß Absatz 4 zwischen 19 Uhr und 21 Uhr verbreitet werden. Abweichend von diesen Regelungen können zur Förderung der Medienkompetenz durch Schulprojekte im Einvernehmen mit der Veranstaltergemeinschaft besondere zusätzliche Sendezeiten vereinbart werden.“

>>> Produktionshilfe
Wegfall der Produktionshilfe durch die Veranstaltergemeinschaften

>>> Qualifizierung der Produktionsgruppen
„Bürgerfunk im lokalen Hörfunk wird von Gruppen betrieben, die im Verbreitungsgebiet eines lokalen Hörfunkprogramms tätig sind, über eine geeignete Qualifizierung verfügen und nicht die Befugnis zur Gründung einer Veranstaltergemeinschaft haben. Die Mitglieder der Gruppen müssen ihre Hauptwohnung im Verbreitungsgebiet haben. Das Nähere regelt die LfM durch Satzung. Darin ist festzuschreiben, dass eine geeignete Qualifizierung die erfolgreiche Teilnahme an einer Qualifizierungsmaßnahme erfordert.“

>>> Lokalbezug, keine fremdsprachigen Beiträge mehr
„Die redaktionellen Inhalte der Programmbeiträge müssen einen lokalen Bezug zum Verbreitungsgebiet haben und sind in deutscher Sprache zu gestalten.“

>>> Förderung
„Die LfM fördert Maßnahmen und Projekte für den Bürgerfunk im lokalen Hörfunk und zwar vorrangig die, die Medienkompetenz durch Schulprojekte in Kooperation mit einer Veranstaltergemeinschaft stärken. Ferner unterstützt sie Ausbildungs- und Qualifizierungsprojekte und -maßnahmen.“

Aussagen von CDU und FDP:

Stellungnahmen:

>>> Marc Jan Eumann (medienpolitischer Sprecher SPD-Fraktion):
Schwarz-gelbes Landesmediengesetz macht Bürgerfunk zu einer Veranstaltung ohne Hörer

>>> Oliver Keymis (B 90/ Die Grünen):
Todesstoß für Bürgerfunk in NRW<

Presse: