Die CDU-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag hat in einer Großen Anfrage (Drucksache 13/5623) von der Landesregierung Auskunft über den Lokalfunk in NRW verlangt. In 50 Fragen – von der Frequenzsituation bis zum Bürgerfunk – wird eine detaillierte Beschreibung der Historie, der jetzigen Situation und der Zukunftsperspektiven gefordert.

Die Landesregierung hat geantwortet. (PDF-Datei zum Download)

Der LBF hat der CDU-Fraktion folgende Stellungnahme zu den Fragen, die direkt den Bürgerfunk betreffen, übersandt:

1.12 Welches sind die Besonderheiten beim privaten Rundfunk in NRW?

Der private Hörfunk in NRW beinhaltet flächendeckend nicht nur kommerziellen, sondern auch nichtkommerziellen Lokalfunk. Diese Ergänzung der lokalen Vielfalt durch Zugangsradio ist einmalig in Deutschland, wird gut genutzt und wahrgenommen und verankert die lokalen Radios fest in den Kommunen. Die Trennung der Veranstaltungsfunktionen Programm und Finanzierung im Zwei-Säulen-Modell schafft – zumindest theoretisch – eine breite gesellschaftliche Beteiligung am Lokalfunk.

1.13 Welches sind seine Schwachstellen?

Die Schwachstellen der Konstruktion liegen vor allem in der nicht ausreichenden finanziellen und personellen Ausstattung der lokalen Sender, die eine umfangreiche und vielfältige lokale Berichterstattung unmöglich macht. Zudem kann eine Veranstaltergemeinschaft einer Betriebsgesellschaft nur gleichberechtigt gegenüber treten, wenn sie eine hauptamtliche Geschäftsführung hat.

3.7 Wie viele Stunden lokales Programm liefern die einzelnen Lokalfunkstationen?

Zusätzlich zu den fünf oder acht Stunden redaktionellem Lokalprogramm in den einzelnen Verbreitungsgebieten liefern die Bürgerinnen und Bürger des Landes täglich rund 60 Stunden Programm zu – kostenfrei für die Sender.

3.10 Welche Reichweiten erzielt der Bürgerfunk im Lokalprogramm? Gibt es regionale Unterschiede in der Akzeptanz des Bürgerfunks?

Die Reichweiten des Bürgerfunks innerhalb des Lokalprogramms sind nicht messbar, weil der Bürgerfunk fast aller Verbreitungsgebiete in den Abendstunden läuft. Eine Ausnahme bildet die Stadt Essen. In der vormittäglichen Bürgerfunkstunde sind die Reichweiten gut, der Bürgerfunk ist keinesfalls ein Abschaltfaktor. Insgesamt kann aber davon ausgegangen werden, dass sich die Hörerzahlen nicht signifikant vom Landesschnitt unterscheiden, d.h. der Bürgerfunk in den Lokalradios hat prozentual mehr Hörer als alle WDR-Programme im Verbreitungsgebiet zusammen. Für genauere Analysen empfiehlt es sich, die Radiowerkstätten, in denen der Bürgerfunk entsteht, zu fragen: hier besteht der engste Kontakt zu den Gruppen und zur Resonanz auf die Sendungen (Höreranrufe, Gespräche, Anfragen, Kritiken, neue Gruppen, Gewinnspiele etc.).

3.11 Inwieweit sind Klagen von Programmverantwortlichen berechtigt, dass die Durchhörbarkeit des Programms unter dem Bürgerfunk leidet?

Die Lokalradio-Hörer wissen gut gemachte Zielgruppenprogramme zu schätzen. Das zeigt die Resonanz auf die Sendungen und der Andrang der Gruppen, die Sendungen produzieren möchten. Die Arbeit an der Qualität von Bürgerfunksendungen muss aber kontinuierlich geleistet werden, eine qualifizierte medienpädagogische Betreuung und Beratung ist unabdingbar, damit der Bürgerfunk seine Funktion als flächendeckendes Vermittlungsnetz von Medienkompetenz erfüllen kann. Die von den anerkannten Radiowerkstätten ins Leben gerufene „Qualitätsoffensive Bürgerfunk“ sollte weiterentwickelt und unterstützt werden.

3.12 Inwiefern kommt redaktioneller Nachwuchs aus den Bürgerfunkgruppen?

Es ist von Zeit zu Zeit vorgekommen, dass Chefredakteur/innen freie Mitarbeiter ermutigt haben, im Bürgerfunk zu „üben“. Das tat der Programmqualität der Bürgerfunks nicht gut, da das für den Bürgerfunk typische Engagement in diesen Sendungen fehlte. Talente, die sich im Bürgerfunk entwickelt haben, sind jedoch in zahlreichen Fällen in den professionellen Bereich übergewechselt, allerdings nicht nur in die kommerziellen Sender, sondern auch in unterschiedlichste öffentlich-rechtliche Redaktionen.

3.13 Welche Kosten verursachen die von den Sendern aufzubringenden Produktionshilfen für die anerkannten Bürgerfunkgruppen?

Die gesetzliche Verpflichtung zur Produktionshilfe (vgl. Produktionshilfesatzung der LfM) wird nicht überall erfüllt. Dies gilt es zu überprüfen und Verstöße zu ahnden. Die Produktionshilfen (meist wenige tausend Euro im Jahr) decken nur einen Bruchteil der Kosten einer Radiowerkstatt. Die Leistungen, die die Werkstätten dafür erbringen (Räume und Studios bereitstellen, journalistische und technische Betreuung, Koordination eines Sendeschemas, rechtliche Vorprüfungen uvm.) könnten von den lokalen Sendern für die gezahlten Summen nicht geleistet werden. Deshalb sollten die Produktionshilfen der kommerziellen Seite der „Säule“ der öffentlichen Förderung durch die LfM angeglichen werden, da ursprünglich die Gesetzessystematik ein paritätisches Modell der Bürgerfunkfinanzierung vorsah.

3.14 Im Zeitalter des Internets gibt es vielfältige Möglichkeiten, sich medial darzustellen. Warum sind für den Bürgerfunk in dieser Hinsicht weiterhin gesetzliche Vorgaben notwendig?

Der Bürgerfunk und seine terrestrische Verbreitung sind untrennbar verbunden. Das lokale Geschehen muss die Hörer im Auto- und im Küchenradio erreichen. Das Internet bietet sich zur Vertiefung von Sendeinhalten für interessierte Hörer an, für Chatforen während oder im Anschluss an eine Sendung und natürlich zur Recherche. Als ausschließliches Sendemedium für nichtkommerziellen Hörfunk ist es ungeeignet. Sind Medienkompetenzvermittlung und Bürgerbeteiligung weiterhin gewollt, müssen sie gesetzlich abgesichert werden. Sonst werden sie rein kommerziellen Interessen zum Opfer fallen.

Der Bürgerfunk in NRW ist ein gelungenes Experiment. Seine bestehenden Netzwerke der Medienkompetenzvermittlung gilt es auszubauen und zu ergänzen.