Zu dem landesweit erschienen Pressebericht, der die Position des Vereins der Chefredakteure (VdC) wiedergibt, nehmen wir wie folgt Stellung:

Ein Bürgerfunk, der seinen Namen verdient, ist auf Sendestunden in der frühen Feierabendzeit der Menschen angewiesen und kann nicht mit dem Fernseh-Abendprogramm konkurrieren.

Wer, wenn nicht die Bürgerfunker, dokumentiert die Verlegung von “Stolpersteinen” in den Städten, sendet Zeitzeugengespräche mit Holocaust-Überlebenden, wer stellt Vereine vor, wer bringt Nachbarschaften und Initiativen mit mehr als 1:30′ auf den Sender und ermöglicht so der Bevölkerung, diese Ereignisse zu verfolgen?

Bürgerfunk und Lokalsender sitzen tatsächlich auf denselben “Wellen” und in einem Boot. Die Radiowerkstätten wünschen und praktizieren eine stabile Kooperation mit ihren Sendern. Sie erwarten von der Landesregierung, dass diese sie auch entsprechend ausstattet und Bedingungen schafft, um Qualität sichern und ausbauen zu können.

Gute, attraktive Programme zu produzieren, ist den Radiowerkstätten in den letzten Jahren aber massiv erschwert worden. Allerdings hat sich sogar unter unzuträglichen Bedingungen der letzten Jahre in vielen Gebieten eine gute Zusammenarbeit und Partnerschaft zwischen den Radiowerkstätten und Lokalsendern ergeben. Die Chefredakteure der Lokalradios behaupten nun im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens, dass Hörer den Bürgerfunk abschalten, damit aber auch den Lokalsender. Wir bekräftigen, dass die Bürgerfunker ein ureigenes Interesse daran haben müssen und auch haben, eine Abwendung von Hörern von ihrem Lokalsender zu vermeiden.

Wir ordnen die etwas angespannte Debatte als Tauziehen ein: Es ist ja nicht zu erwarten, dass die Lokalradios widerspruchslos dem Bürgerfunk bessere Sendezeiten in den Feierabendstunden der Menschen anbieten. Im derzeitigen Getümmel um “Territorial-Interessen” werden die Befürchtungen des Vereins der Chefredakteure (VdC) wohl absichtlich überzogen dargestellt. Das wird sich aber wieder normalisieren. Nicht ohne Grund hat der VdC sich bisher nicht einmal die Mühe gemacht, auch Belege für seine Befürchtungen vor Hörerverlusten speziell durch den Bürgerfunk zu liefern. Die sind sogar im Landtagshearing und im offenen Brief nicht enthalten gewesen.

Es ist bekannt, dass die Lokalradios im Wettbewerb zu einem öffentlich rechtlichen Sender aus Köln stehen. Man kann aber nicht auf Kosten des Bürgerfunks diese Reichweitenverluste der Lokalradios ausgleichen. Dieses müssen die Lokalradios durch eigene Konzepte in der Kernsendezeit selbst angehen.

Wenn die neue Landesregierung sich bemüht, vieles – also auch die Radiowerkstätten als Infrastruktur, mit Aus- und Fortbildung sowie Trainings für Bürgerfunk-Aktive – wieder zu stärken und die Fehler der Vorgängerregierung zu korrigieren, wird das auch dem Qualitätsausbau zugute kommen. Gegen gut gemachte Programme aus nächster Nähe im Bürgerfunk wird es keine Abneigung von Sendern oder Publikum geben.

Eine qualitätsrelevante Sendezeit und solide ausgestattete Radiowerkstätten sind ausschlaggebend für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Bürgerfunk und Lokalsendern – im Sinne des lokalen Gesamtprogramms.