Vor allem die freie Szene wird durch die neuen Regelungen ausgehungert. Gewinner sind institutionelle Radiowerkstätten und auch die Campusfunker.

Ohne eine Förderung der institutionellen Strukturen können freie Träger, die bisher ihre Miete und ihre Personalkosten in erster Linie durch die Minutenförderung gedeckt haben, nicht mehr arbeiten. Wer es nicht schafft, sich weitgehend von LfM-Mitteln unabhängig zu machen, muss Personal entlassen und die Studios schließen. Die eigentliche Bürgerfunkarbeit, also die Produktion von guten Sendungen, hat durch das halbierte Sendevolumen und die späte Sendezeit an Bedeutung verloren. Die Faktoren Partizipation und Gegenöffentlichkeit sind zugunsten der Medienkompetenzvermittlung nahezu aufgegeben worden.

Wie verändern sich die Radiowerkstätten?

Viele  schrumpfen zwangsläufig, weil sie die Miete und das Personal nicht mehr bezahlen können. Aber es ist kein Gesundschrumpfen, denn es fehlen dann Seminarräume, Büros, Schnittplätze oder gar Studios. Da die Anerkennungsrichtlinien ihre Gültigkeit verloren haben, könne der Bürgerfunk ja nun mit einem Laptop auf dem Tisch eines 10-qm-Kellerraums produziert werde, so ein Radiovereinsvorsitzender. Die Qualitäts-Offensive hätten sich die beteiligten Bürgerfunker damals ganz anders vorgestellt. „Es sind nicht nur die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die sich verändern und die bürgerschaftliches Engagement immer weniger honorieren“, sagt ein Bürgerfunker, „sondern der Bürgerfunk wird auch bewusst kaputt gemacht.“ Viele haben den Eindruck, dass sie einen „Kampf gegen Windmühlenflügel“ führen und sind davon ermüdet. Manche versuchen, sich von der LfM-Förderung unabhängig zu machen und wollen auf andere Arbeitsbereiche ausweichen. Die bester Überlebenschancen scheinen die Träger zu haben, die immer schon einen Schwerpunkt auf Qualifizierung gesetzt haben, die institutionell angebunden sind und deren Personalkosten überwiegend unabhängig von der LfM-Förderung zusammenkommen.

Es kursieren Pläne für neue freie Radio, Internetsender oder auch Piratenradios.

Das zeigt, dass die Idee von Gegenöffentlichkeit nicht tot ist, sie ist nur im Bürgerfunk nicht mehr zu realisieren.

Bürgermedien in NRW 2015?

Für den 29. November hat die LfM die Verleihung der Campus-Radio-Preise angekündigt. Diese Preise wurde früher gemeinsam mit denen für Bürgerfunk- und fernsehen verliehen. Preise für herausragende Leistungen in den Offenen Kanälen in Hörfunk und Fernsehen sind zurzeit nicht geplant. Neben der Rekrutierung vom Unifunkern für die Bürgerfunk-Nutzerausbildung (s. Stand im Land – Medientrainer) zeigt sich hier eine Tendenz zu Campusfunk als „bevorzugtem Bürgermedium“.

Auch die Offenen Kanäle Fernsehen stehen vor einem großen Umbruch. Geplant ist ein landesweiter Ausbildungskanal, zu dem Bürgergruppen nur noch unter bestimmten Bedingungen Programm zuliefern können. Auch hier wird der Schwerpunkt auf Ausbildung und Studium gelegt. Der direkte Zugang für Bürgerinnen und Bürger zum lokalen Medienmarkt scheint in NRW nicht mehr gewollt.

Die Recherchen zum „Stand im Land“ beruhen auf Gesprächen mit Entscheidungsträgern, Organisatoren, Vertretern von Radiowerkstätten und Bürgerfunkern. Natürlich konnten nicht alle Akteure in NRW dazu befragt werden. Wer noch Anregungen und  Ergänzungen beisteuern möchte oder von anderen Erfahrungen berichten möchte, ist herzlich eingeladen, dies zu tun. Mail an: info@lbf-nrw.de, Betreff: „Stand im Land“.