In einem offenen Brief vom 26.06.07 fordert der LBF die Landesanstalt für Medien NRW (LfM) zu einer Gegendarstellung auf.

Die LfM hatte Mitte Juni durch Rundschreiben mit Datum vom 11.06.07 nach Auffassung des LBF „unzureichend, wenn nicht sogar falsch“ informiert. Das Schreiben war an die anerkannten Radiowerkstätten in NRW adressiert und fast textgleich an die Veranstaltergemeinschaften in NRW sowie an die radio NRW GmbH.

Weil diese Informationen die Intentionen des Gesetzgebers nicht berücksichtigen und für die Bürgerfunklandschaft Nordrhein-Westfalen verheerende Auswirkungen haben, fordert der LBF die LfM zur unverzüglichen Korrektur und Gegendarstellung auf.

Der offene Brief im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Direktor,
sehr geehrter Herr Dr. Brautmeier,

auch wir haben Ihr Rundschreiben vom 11.06.2007 erhalten. Wir haben die inhaltlichen Ausführungen mit Erstaunen und großer Empörung zur Kenntnis genommen.

Der Gesetzgeber wollte durch seine Übergangsvorschriften übermäßige Härten, die durch den Systemwechsel in der Bürgerfunkförderung entstehen könnten, verhindern – zumindest jedoch „abfedern“.

Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass Ihre Auslegung der Intention des Gesetzgebers, wie sie in der Gesetzesbegründung dargelegten ist, widerspricht.

Das Rundschreiben ging an die anerkannten Radiowerkstätten in NRW (längst nicht alle haben dieses Schreiben erhalten z.B. die Neue Essener Welle nicht) und fast textgleich an die Veranstaltergemeinschaften in NRW sowie an die radio NRW GmbH. Ob es auch an andere z.B. VLR, BG-Verband verschickt worden ist, entzieht sich unserer Kenntnis.

Wir fordern Sie zur unverzüglichen Korrektur und Gegendarstellung gegenüber den Adressaten auf, die Sie mit den Rundschreiben unseres Erachtens unzureichend, wenn nicht sogar falsch informiert haben (Veranstaltergemeinschaften, radio NRW GmbH, Radiowerk-stätten, VLR, BG-Verband usw.).

Begründung

Intention des Gesetzgebers

Auf Seite 2 in Abs. 6, Satz 1 Ihres Schreibens vom 11.06.2007, weisen Sie ausdrücklich darauf hin, „dass für den Bereich der Beitragsplatzierung und der Beitragslänge von Bürgerfunksendungen das neue Gesetz keine Übergangsfristen vorsieht.“
Das ist zwar richtig, aber die Schlussfolgerung, die Sie in Abs. 7 Ihres Schreibens daraus ziehen ist falsch, weil Sie bei Ihrer Schlussfolgerung die Begründung des Gesetzgebers zur Übergangsvorschrift (1) nicht beachten.
Dort heißt es in Satz 2 f.: „Zum einen benötigt die LfM einen gewissen Zeitraum, um die erforderlichen Satzungen zu erlassen. Zum anderen sollen die Auswirkungen des Systemwechsels in der Bürgerfunkförderung abgefedert werden.“

Der Gesetzgeber hat also in der Förderung eine Übergangsfrist u.a. auch eingeräumt, damit der Systemwechsel in der Förderung für die Bürgerfunkerinnen und Bürgerfunker abgefedert wird. Damit sollte auch eine Übergangsfrist gegeben werden, damit Radiowerkstätten sich auf die neue Förderung vorbereiten und einstellen können und ggf. vorsorglich bzw. fristgerecht Personal und/oder Mietverträge kündigen können.

Mit der Schlussfolgerung, die Sie in Abs. 7, Satz 4 ziehen, „Daraus folgt, dass die Beitragsförderung bis zum Jahresende maximal auf eine Sendestunde zu beziehen ist.“ konterkarieren Sie die gut gemeinte Absicht des Gesetzgebers.
Ihre Interpretation hätte

a) für Verbreitungsgebiete, in denen auch jetzt schon durchschnittlich täglich nur eine Stunde oder weniger Bürgerfunk ausgestrahlt wird keinerlei negative Auswirkungen;

b) für Verbreitungsgebiete, in denen zur Zeit mehr als durchschnittlich täglich eine Stunde Bürgerfunk ausgestrahlt wird, statt einer abfedernden Übergangszeit eine schlagartige Reduzierung der Förderung um bis zu 55 %, also um mehr als die Hälfte zur Folge.

Änderung des Programmschemas

Der Bürgerfunk kann nicht sofort auf eine Stunde reduziert werden. Solange es die Beitragsförderung gibt, müssen die ausgestrahlten Beiträge gefördert werden.

Die Veranstaltergemeinschaften sind verpflichtet, die Sendedauer von Bürgerfunkbeiträgen (eine Radiostunde) in ihr Programmschema aufzunehmen. Da es zu diesem Aspekt keine Übergangsregelung gibt, soll die Umsetzung zeitnah erfolgen.

Hier wurde von Ihnen kein bestimmter Termin gesetzt, denn in Ihrem Rundschreiben an die Veranstaltergemeinschaften vom 11.06.2007 schreiben Sie, die LfM gehe davon aus, „dass Sie (die Veranstaltergemeinschaften) (…) so bald als möglich, ggf. noch vor den Sommerferien die Beschlussfassung der insoweit zuständigen Gremien herbeiführen werden (…)“

Dazu möchten wir anmerken, dass das Gesetz nicht vor den Sommerferien veröffentlicht und somit auch nicht in Kraft getreten ist (voraussichtlich wird das LMG am 29.06.07 veröffentlicht und tritt am 01.07.07 in Kraft). Die Veranstaltergemeinschaften können sich also frühestens im August damit befassen. Erst anschließend können die Lizenzen der LfM für die lokalen Programme und das Rahmenprogramm verändert werden. Das kommt in der Praxis einer Übergangsfrist gleich. Solange diese Änderungen des Programmschemas nicht beschlossen sind, ist die Rechtslage nach Auskunft von Rechtsanwalt Wilhelm Achelpöhler eindeutig: Der Bürgerfunk muss in dem Umfang und an der Stelle im Sendeschema gesendet werden, an der er bisher vorgesehen ist und er ist wie bisher finanziell zu fördern.

Fehlende Kriterien für die Vergabe der Förderung

Wenn, wie Sie schreiben, die Beitragsförderung bis zum Jahresende Bestand hat, aber „die Beitragsförderung bis zum Jahresende maximal auf eine Sendestunde zu beziehen ist“ (S. 2, Abs. 7, Satz 3, Rundschreiben an die anerkannten Radiowerkstätten vom 11.06.07), dann stellt sich die Frage, wie das in der Praxis aussehen soll, wenn aufgrund der oben gemachten Ausführungen zwei Stunden am Tag ausgestrahlt worden sind und die Förderung für beide Stunden beantragt worden ist. Wer geht leer aus? Wer bekommt das Geld?

Sie fördern mit einem Förderbescheid, der justiziabel, eindeutig und gleichbehandelnd ist und sein muss. Wie dies bis zum Jahresende zu gewährleisten ist – das müssen Sie klären.

Fazit

Wir erwarten, dass die LfM bei der Umsetzung des 12. Rundfunkänderungsgesetz die Intention des Gesetzgebers angemessen berücksichtigt. Demnach sollen übermäßige Härten, die durch den Systemwechsel in der Bürgerfunkförderung entstehen könnten, abgefedert werden.

Wir fordern Sie zur unverzüglichen Korrektur und Gegendarstellung gegenüber den Adressaten auf, die Sie mit den Rundschreiben unseres Erachtens unzureichend, wenn nicht sogar falsch informiert haben (Veranstaltergemeinschaften, radio NRW GmbH, Radiowerkstätten, VLR, BG-Verband usw.).

Mit freundlichem Gruß

Dr. Bettina Lendzian, Hajo Mattheis, Jürgen Mickley
(LBF-Vorstand)

in Kopie an (zur Kenntnisnahme):
Frauke Gerlach, Vorsitzende der Medienkommission;
Dr. Michael Brinkmeier, MdL, medienpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion;
Ralf Witzel, MdL, medienpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion;
Marc Jan Eumann, MdL, medienpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion;
Oliver Keymis, MdL, medienpolitischer Sprecher der Fraktion B90/Die Grünen.