Nach der Sommerpause will die Landesregierung einen Entwurf für ein neues Mediengesetz vorlegen, um die Jahreswende 2006/ 2007 könnte es schon in Kraft treten. Es ist davon auszugehen, dass die Vorschläge der LfM-Medienkommission beim Gesetzgeber durchaus Beachtung finden. Deshalb bezieht der LBF hier Stellung zu den Vorschlägen und prüft, was sie für die Arbeit der Radiowerkstätten und die Funktion des Bürgerfunks bedeuten würden.
Der Funktionsauftrag
Dass die LfM, wie in der Volpersstudie angeregt, einen gesetzlichen Programm- und Funktionsauftrag für den Bürgerfunk fordert, begrüßen wir.
Die Sendezeiten
Die LfM weist darauf hin, dass der Bürgerfunk zur Umsetzung seines Funktionsauftrags hörerrelevante Sendezeiten benötigt. Der LBF begrüßt diese Forderung, sie sollte jedoch konkretisiert werden, z. B. „ein Beginn nicht später als 18 Uhr“. Nur eine gesetzliche Festschreibung der Sendezeiten kann unseres Erachtens verhindern, dass vor Ort auf den Bürgerfunk Druck ausgeübt wird und die Abschiebung in die Abendstunden fortschreitet.
Die Förderung
Wie vehement die LfM von der Politik die Abkehr von der Minutenförderung fordert, hat ja bereits der Umgang mit der Volpers-Studie deutlich gemacht. Wir halten es für wahrscheinlich, dass der Gesetzgeber, wie von der LfM gefordert, nur eine allgemeine Grundlage für die Bürgerfunk-Förderung ins Gesetz schreibt und der LfM weitergehende Satzungskompetenzen zuspricht.
In ihrer Stellungnahme erklärt die Kommission, wie sie sich dann die Bürgerfunkförderung der Zukunft vorstellt.
1. Produktionshilfen
Es sollen „weiterhin“ Produktionshilfen an die Radiowerkstätten gezahlt werden, die jede Werkstatt unmittelbar bei der LfM beantragt. Mit Produktionshilfen meint die LfM hier nicht die üblicherweise als Produktionshilfen bezeichneten Gelder der Veranstaltermeinschaften an die Radiowerkstätten (geregelt in der Produktionshilfesatzung der LfM), sondern so etwas wie institutionelle Förderung, mit deren Hilfe Ausstattung, Betreuung und Qualifizierung finanziert werden. Es bleibt unklar, wie diese Mittel verteilt werden sollen. Die LfM verspricht zwar, dass „die Transparenz der Mittelverwendung“ erhöht werde, nach welchen Kriterien, wenn nicht nach Sendeminuten, sie vorgehen will, ist aber nicht erkennbar. Die neue Förderung soll „ein tragfähiges System mit einer ausreichenden Anzahl von Radiowerkstätten schaffen“. Das kann unserer Ansicht nach durchaus bedeuten, die Anzahl der Radiowerkstätten spürbar zu reduzieren.
2. Qualifizierung
Der LBF unterstützt die Forderung nach kontinuierlicher Qualifizierung der Bürgerfunkgruppen, wie sie schon jetzt in den Anerkennungsrichtlinien festgeschrieben ist. Auch die Forderung nach geschulten Qualitätsbeauftragten in den Werkstätten, wie sie zurzeit im „Testierungsprojekt“ ausgearbeitet wird, kann der Programmqualität zuträglich sein. Der LBF befürchtet jedoch, dass Mittel, die zurzeit vor Ort für die Qualifizierung verwendet werden, an andere Organisationen fließen, da es in dem Papier heißt: „Neben den Radiowerkstätten sollten auch Dritte mit der Durchführung beauftragt werden können.“ Eine Quersubventionierung beispielsweise der Deutschen Hörfunk Akademie aus dem Bürgerfunk-Topf darf es nicht geben.
3. Projekte
Der LBF steht einer Projektförderung kritisch gegenüber. Die Erfahrung mit LfM-Projekten in den letzten Jahren hat gezeigt, dass der Verwaltungsaufwand auf beiden Seiten sehr hoch ist. Die LfM will mit den Projekten „auf lokale Besonderheiten eingehen“ und „auf neue Entwicklungen und aktuelle Probleme reagieren“ können. Das kann unserer Ansicht nach im Einzelfall sinnvoll sein, es besteht jedoch die Gefahr, dass „Leuchtturm-Projekte“ hoch gefördert werden, mit Mitteln, die den anderen Werkstätten für ihre tägliche Arbeit fehlen.
Fazit
Insgesamt möchte die LfM mehr Wettbewerb unter den Radiowerkstätten. Durch gute Arbeit zu überzeugen – das ist grundsätzlich zu befürworten, dies muss jedoch auf einer gesicherten finanziellen Grundlage geschehen können. Sonst wird ein Wettbewerb schnell kontraproduktiv.
Das neue Förderkonzept „führt zwangsläufig zu einer Umverteilung der zur Verfügung stehenden Mittel und damit auch zur Veränderung der bisherigen Angebotsstrukturen.“
Der LBF befürchtet, dass dabei eine gewachsene Infrastruktur, die flächendeckend den Zugang der Bürgerinnen und Bürger zu qualitativ gut arbeitenden Radiowerkstätten garantiert, und damit dem Funktionsauftrag „den diskriminierungsfreien Zugang zur Öffentlichen Kommunikation“ eröffnet, zerschlagen wird.
Allerdings verspricht die LfM, „dass die zukünftigen Förderregelungen allen Beteiligten, insbesondere den Radiowerkstätten, in der Umstrukturierungsphase die nötige Planungs- und Rechtssicherheit geben und den bürokratischen Aufwand auf das erforderliche Maß reduzieren“ wird – unseres Erachtens eine absolute Notwendigkeit.
Zusammenfassung
Insgesamt bedauert der LBF, dass die LfM die in der Volpers-Studie konstatierten guten Leistungen des Bürgerfunks und der Radiowerkstätten auch hier nicht ausreichend kommuniziert.
Wir halten es für sehr schwierig, passende Kriterien zu entwickeln, nach denen die Fördergelder gerecht verteilt werden können. (Nicht umsonst haben es Bürgerfunker und LfM beim letzten gemeinsam Versuch, solche Kriterien zu entwickeln, in Übereinstimmung bei der Minutenförderung belassen.)
Eine institutionelle Förderung kann die Basis für eine verlässliche Qualitätsarbeit im Bürgerfunk sein. Sie sollte den hauptsächlichen Anteil an der Förderung ausmachen. Bei einer institutionellen Förderung müssen Hauptamtlichkeit, Öffnungszeiten und Beratungsqualität gewährleistet werden können.
Nur anerkannte Radiowerkstätten sollten Qualifizierungsmittel beantragen dürfen, die vor Ort oder in Kooperation mit von den Radiowerkstätten ausgewählten Organisationen eingesetzt werden.
Die Projektmittel sollten nur einen geringen Anteil an der Gesamtförderung haben, um unnötigen Verwaltungsaufwand zu vermeiden.
Die Verpflichtung der Veranstaltergemeinschaften zur Gewährleistung von Produktionshilfen muss bleiben. Es muss vielmehr darauf hingewirkt werden, dass die Produktionshilfesatzung im Sinne der Gesetzessystematik flächendeckend erfüllt wird.
Bürgerfunk muss zu hörerrelevanten Sendezeiten, spätestens ab 18 Uhr, in mindestens gleichem Umfang wie bisher ausgestrahlt werden. Ein landesweit einheitlicher Zeitkorridor ist dann durchaus denkbar.
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