Die Landesregierung plant eine Novellierung des Landesmediengesetzes NRW, das auch die Grundlage für den Bürgerfunk ist.

Forderungen nach einer „Entstaatlichung der Medienförderung“ (Regierungssprecher Thomas Kemper) und Forderungen, „dass die Lokalfunkstationen befähigt werden sollen, schwarze Zahlen zu schreiben (Presse-Info der CDU-Landtagsfraktion vom 15.02.2006) lassen befürchten, dass die finanzielle Grundsicherung des Bürgerfunks zur Disposition gestellt und den Forderungen der Lokalradios nachgegeben wird, den Sendebeginn noch weiter in die späten Abendstunden zu verschieben sowie dem Bürgerfunk die Unabhängigkeit vom Lokalradio zu entziehen.

Forderungen des Bürgerfunks: Bessere Sendezeiten, qualifizierte Betreuung, freie Meinungsäußerung

Die Gegner des Bürgerfunks schreiten zur Offensive: Verschiedene Modelle eines „Bürgerfunks“ werden gegenwärtig diskutiert, der diesen Namen dann nur noch am Rande verdient. Denn wer hat Lust, viel Zeit in einen qualitativ hochwertigen Radiobeitrag zu stecken, wenn dieser zu immer schlechteren Sendezeiten gesendet wird? Von wem sollen zukünftig Medienpädagogen bezahlt werden (die ja gerade die Qualität im Bürgerfunk garantieren), wenn die für die Einrichtungen planbare Förderung von Sendeminuten durch eine nicht planbare, punktuelle Projektförderung ersetzt wird und die Bürgerfunk-Mittel insgesamt zur Disposition stehen? Und wo bleibt die Unabhängigkeit des Bürgerfunks, wenn (so die Forderung der Lokalradios) bei brisanten Themen alleine der örtliche Chefredakteur über die Ausstrahlung entscheidet?

Bürgerfunk: Ein Erfolgsmodell!

Seit über 15 Jahren gibt es den Bürgerfunk in NRW. Rund 2.000 Produktionsgruppen produzieren jährlich in ca. 140 lokalen Radiowerkstätten über 10.000 Beiträge! In 46 Lokalradios wird von Bürgern für Bürger gesendet. Damit ist der Bürgerfunk untrennbarer Bestandteil der Medienlandschaft in NRW, ein Erfolgsmodell in der Ausbildung und Beteiligung von Bürgern am Medium Radio und damit „Ausdruck gesellschaftlicher Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger an der Medienentwicklung in NRW“ (aus einer Stellungnahme der Wohlfahrtsverbände in NRW).

Nach Meinung der Wohlfahrtsverbände (AWO, DRK, Caritas, Diakonie, DPWV, Jüdische Kultusgemeinden) „sichert der Bürgerfunk publizistische Meinungsvielfalt, Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung in der lokalen Berichterstattung“.

Wissenschaftlich drückt dies auch die gerade veröffentlichte Studie der Landesanstalt für Medien, LfM, aus: „Für den Bürgerfunk ergibt sich seine doppelte Funktion: Schaffung von Partizipationschancen und Förderung von Medienkompetenz auf der einen Seite und publizistische und somit rezipientenorientierte Ergänzungsfunktion auf der anderen Seite“.

Bürgerfunk: Steigende Qualität

Die Qualität des Bürgerfunks hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Vielen Beiträgen wird professionelles Format bescheinigt. Dies ist den beteiligten Radiomachern und den zahlreichen Medienpädagogen zu verdanken, die in den anerkannten Radiowerkstätten mit viel Engagement tätig sind. Mehr als 30 Radiowerkstätten sind zudem bereits qualitätstestierten Volkshochschulen angeschlossen.

„Da nichts so gut, dass es nicht noch besser werden könnte“. Unter diesem Leitmotiv des Bürgerfunks haben sich Vertreter von Radiowerkstätten in einem verbandsübergreifenden Landesarbeitskreis „Qualitätsoffensive Bürgerfunk“ zusammengeschlossen. Gegenwärtig wird unter Einbindung der Deutschen Hörfunkakademie und in enger Abstimmung mit der LfM ein Verfahren zur Qualitätstestierung von Radiowerkstatten vorbereitet.

Bürgerfunk: Vielfalt statt Mainstream

Für Verbände, Initiativen, Vereine, Schulen, Kirchliche Einrichtungen, Volkshochschulen und Selbsthilfegruppen ist der Bürgerfunk zu einem wichtigen Instrument der Öffentlichkeitsarbeit geworden. Hier wird Medienkompetenz generationenübergreifend gelebt. Hier werden Betroffene erreicht und informiert und Interessen von sozial Benachteiligten öffentlich artikuliert. Wichtige Themen werden länger als fünf Minuten behandelt. Betroffene kommen zu Wort. Örtliche Musikgruppen finden eine öffentliche Plattform.

Unsere Forderungen:

1. Landesweit einheitlicher Beginn des Bürgerfunks um 18 Uhr.
2. Keine Verpflichtung auf ein Sende- oder Musikformat, das vom Lokalsender vorgeschrieben wird.
3. Beibehaltung der finanziellen Grundsicherung des Bürgerfunks durch die Landesanstalt für Medien im Landesmediengesetz.
4. Einstieg in ein System der differenzierten Förderung von Sendeminuten: Stärkere Finanzierung qualitätstestierter Radiowerkstätten mit medienpädagogischem Fachpersonal.
5. Einbindung des Bürgerfunks in alle weiteren Überlegungen (z. B. der LfM) bzgl. einer möglichen Novellierung des Landesmediengesetzes.

Der Landesarbeitskreis Qualitätsoffensive Bürgerfunk hat im Rahmen der Kampagne „Rettet den Bürgerfunk“ einen Flyer und einen Aufkleber erstellt (siehe Download unten), die bestellt werden können bei:

VHS Ahlen
Rudolf Blauth
Markt 15
59227 Ahlen
Tel. 02382-59435
blauthr@stadt.ahlen.de.

Die Mitglieder des LAK Qualitätsoffensive Bürgerfunk:

VHS-Radiowerkstätten
Rudolf Blauth, Volkshochschule Ahlen
Heinrich Happe, Volkshochschule Paderborn

Radiowerkstätten in katholischer Trägerschaft
Martin Wißmann, Bistumsstudio West, Bocholt

Radiowerkstätten in städtischer Trägerschaft
Hajo Mattheis, Radiowerkstatt im Bert-Brecht-Haus, Oberhausen

Gewerkschaften für Bürgermedien e. V.
Rainer Kegel, Radiowerkstatt Gewerkschaften für Bürgermedien, Solingen

Radiowerkstätten in freier Trägerschaft
Casy M. Dinsing, Welle Wachtendonk e. V.
Thomas Bruchhausen, Radiowerkstatt Exlex e. V., Mönchengladbach

Radiowerkstätten im ländlichen Raum
Anja Schweppe-König, Medienwerkstatt Minden-Lübbecke e. V.

Landesverband Bürgerfunk NRW e. V.
Jürgen Mickley, Medienforum Duisburg e. V.
Gabi Fortak, medienforum münster e. V.

Interessenverband Gemeinnütziger Rundfunk e. V.
Christoph Schaefler, Freier Lokalrundfunk Köln e. V.
Raphael Mader, Freier Lokalrundfunk Köln e. V.