Die Bürgermedien haben in ihrer Geschichte, die formal am 1. Januar 1984 mit dem Sendestart des Offenen Kanals Ludwigshafen begann, viele Definitionen durchlebt. In Nordrhein-Westfalen ist die Entwicklung, Förderung und Interpretation der Bürgermedien besonders turbulent – bis heute.
Bürgermedien sind in Deutschland Sache der Länder, d. h. jedes Bundesland kann individuell festlegen, ob überhaupt und in welcher Form Bürgermedien zugelassen und gefördert werden. In Nordrhein-Westfalen werden die Bürgermedien, ihre Aufgaben, ihre Förderung und ihre Definition im Landesmediengesetz beschrieben:
Bürgermedien ermöglichen Bürgerinnen und Bürgern, sich an der Schaffung und Veröffentlichung von Inhalten in Medien zu beteiligen und tragen so zur Ausbildung ihrer Medienkompetenz bei. Bürgermedien ergänzen durch innovative, kreative und vielfältige Inhalte das publizistische Angebot für Nordrhein-Westfalen und leisten einen Beitrag zur gesellschaftlichen Meinungsbildung.
§ 40 LMG NRW
Für den Landesverband Bürgermedien NRW und seine Mitglieder sind die Bürgermedien in ihrer grundlegenden Funktion ein bedeutsamer Bestandteil unserer bürgerlichen Grundrechte.
Bürgermedien sind…
Sie erbringen damit Leistungen, die weder kommerzielle Rundfunkanbieter*innen noch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auffangen können. Die Bürgermedien sind für jede*n geöffnet:
Jede*r darf mitmachen!
Die Bürgermedien stehen für eine wertschätzende Haltung, für Engagement, Lernbereitschaft und einen freundschaftlichen Umgang in einer förderlichen Lern- und Produktionskultur.
Bürgermedien sind untrennbar mit Werten wie Toleranz, Hilfsbereitschaft, Freude, Teamfähigkeit, Zuverlässigkeit, Kritikfähigkeit, Vertrauen und Transparenz verknüpft.
Bundesweite Definition
Unser Bundesverband bvbm fasst die Bürgermedien so zusammen:
Bürgermedien
- sichern auf der Grundlage von Artikel 5 Grundgesetz Bürgerinnen und Bürgern den gleichberechtigten Zugang zu Radio und Fernsehen;
- bieten lokale und regionale Inhalte von gesellschaftlicher Relevanz. Sie dienen der lokalen Meinungs- und Themenvielfalt und der Vernetzung vor Ort;
- geben Impulse für den interkulturellen Dialog und das soziale Zusammenleben;
- bieten Unterstützung von der Idee bis zur Sendung durch professionelle Aus- und Weiterbildungsangebote;
- fördern Medienkompetenz durch handlungsorientiertes Lernen. Sie vermitteln soziale und kommunikative Kompetenzen und schaffen die Voraussetzung für die kritische und selbstbestimmte Nutzung von Medien;
- erfüllen eine wichtige Ausbildungsfunktion im Medienbereich und dienen der beruflichen Orientierung und Qualifizierung;
- sind aktiv in den Netzwerken der Zivilgesellschaft und
- arbeiten nicht kommerziell.
Bürgermedien in der Praxis
Traditionell wird in den Bürgermedien zwischen Fernsehen und Radio unterschieden.
In Nordrhein-Westfalen gibt es daher zum einen mit NRWision einen landesweiten Lehr- und Lernsender im Kabelnetz, dessen Programm zum großen Teil von Bürger*innen aus ganz NRW gestaltet wird.
Zum anderen haben Bürger*innen die Möglichkeit für das Bürgerradio in ihrer Stadt oder in ihrem Kreis eigene Programminhalte zu gestalten, die auf den Frequenzen des jeweiligen Lokalradios von Radio NRW ausgestrahlt werden.
Heute werden die Bürgermedien breiter gedacht als noch in den 80er Jahren. In NRW existieren viele Einrichtungen, die die bürgermediale Arbeit umfassend begreifen:
Die Zielgruppen der Bürgermedien
Die Bürgermedien möchten alle Bürger*innen für die Medienproduktion und mit ihrem Programm begeistern:
Die wichtigsten Antworten zum Einstieg
Die Bürgermedien stehen grundsätzlich allen Bürger*innen offen.
Für die Nutzung an den gesetzlich bereitgestellten Verbreitungswegen bestehen unterschiedliche Vorgaben, die
- im Landesmediengesetz
- in den Satzungen der Landesanstalt für Medien NRW
- in den Nutzungsbedingungen der bürgermedialen Einrichtungen und beteiligten Organisationen
geregelt werden.
Bürgerradio & Bürgerfunk
Das Bürgerradio wird in Nordrhein-Westfalen auf den UKW-Lokalradiosendern von Radio NRW ausgestrahlt. Hierfür stellen die Sender dem Bürgerradio täglich eine Stunde Sendezeit zur Verfügung: werktags zwischen 20:00 und 21:00 Uhr, an Sonntagen und Feiertagen zwischen 19:00 und 21:00 Uhr. Es besteht auch die Möglichkeit, dass von den Beteiligten vor Ort davon abweichende Regelungen vereinbart werden.
Relevante Dokumente
- Das Landesmediengesetz mit § 40a und § 40b
- Die Nutzungssatzung Bürgerfunk
- Die Richtlinien zur Qualifizierung im Bürgerfunk
- Die Sendeanmeldung
- Informationen der Landesanstalt für Medien NRW
Voraussetzungen für teilnehmende Personen:
- Produzieren kann grundsätzlich jede Person (Ausnahmen regelt § 3 der Nutzungssatzung Bürgerfunk), allerdings muss sie Teil einer mindestens dreiköpfigen Gruppe sein und im Verbreitungsgebiet des Senders leben, in dem der Beitrag ausgestrahlt werden soll.
- Mindestens ein Mitglied dieser Gruppe muss über ein sogenanntes Zertifikat verfügen, mit dem es seine Qualifikation und damit Berechtigung zur Teilnahme am Bürgerradio nachweist. Zertifikate können durch die Teilnahme an kostenfreien Zertifizierungskursen erlangt werden.
- Die Gruppe muss eine vollständig ausgefüllte Sendeanmeldung ausstellen.
- Ggf. ist vor Ort die Reservierung eines Sendeplatzes notwendig, ansonsten werden die Beiträge in der Reihenfolge ihres Eingangs beim Sender ausgestrahlt. Die genauen Abläufe unterscheiden sich von Ort zu Ort, der LBM und seine Mitglieder können Auskunft geben.
Voraussetzungen für die zu erstellenden Produkte:
- Das Produkt darf nicht gegen geltendes Recht verstoßen.
- Das Produkt darf keinen kommerziellen Interessen dienen, Werbung und Sponsoring sind verboten.
- Alle auszustrahlenden Inhalte müssen einen lokalen Bezug zum Ausstrahlungsort haben. Wer z. B. einen Beitrag im Bürgerradiofenster von Radio Duisburg ausstrahlen möchte, muss einen Bezug zum Verbreitungsgebiet des Senders in seinem Produkt berücksichtigen.
- Das Produkt muss am Ende in deutscher Sprache vorliegen.
Bürgerfernsehen
Das Bürgerfernsehen in Nordrhein-Westfalen wird seit Mitte 2009 über den landesweiten Lehr- und Lernsender NRWision verbreitet, der in Dortmund sitzt. NRWision ist über das digitale Kabelnetz, verschiedene private Anbieter*innen und IPTV empfangbar. Die dort eingereichten Beiträge werden über eine Woche hinweg an verschiedenen Tagen und zu verschiedenen Uhrzeiten ausgestrahlt, die der Sender festlegt. Auf Wunsch können Beiträge auch dauerhaft in der Mediathek von NRWision bereitgestellt werden.
Relevante Dokumente
- Das Landesmediengesetz mit § 40 c
- Die Satzung Bürgerfernsehen
- Die Nutzungsregelung von NRWision
- Informationen der Landesanstalt für Medien NRW
Voraussetzungen für teilnehmende Personen:
- Produzieren kann grundsätzlich jede Person, die strengeren Vorgaben aus dem Bürgerradiobereich finden im Fernsehen keine Anwendung.
- Voraussetzung ist lediglich die Registrierung bei NRWision, entweder als Privatperson oder als Gruppe bzw. Einrichtung.
Voraussetzungen für die zu erstellenden Produkte:
- Das Produkt darf nicht gegen geltendes Recht verstoßen.
- Damit das Produkt im Fernsehprogramm von NRWision ausgestrahlt wird, muss ein Sendeplatz reserviert werden. Die Sendeplatzreservierung bei NRWision erfolgt quartalsweise und steht allen registrierten Beteiligten offen.
- Das Produkt darf keinen kommerziellen Interessen dienen, Werbung und Sponsoring sind verboten.
Campusrundfunk
In Nordrhein-Westfalen existieren dreizehn Campusradios, die an und mit Hochschulen veranstaltet und lokal (und mancherorts auch via Internet) ausgestrahlt werden. Darüber hinaus sind an einigen Universitäten NRWs auch TV-Redaktionen tätig, deren Programm bei NRWision ausgestrahlt wird.
Relevante Dokumente
- Das Landesmediengesetz mit § 40d
- Informationen der Landesanstalt für Medien NRW
- Übersicht der CampusRadios in NRW
Voraussetzungen für teilnehmende Personen:
- Produzieren kann grundsätzlich jede Person, die an der jeweiligen Hochschule eingeschrieben ist. Die Nutzungsbedingungen regeln die jeweiligen Sender individuell, häufig wird eine vor Ot durchgeführte Qualifizierungsmaßnahme vorausgesetzt.
Voraussetzungen für die zu erstellenden Produkte:
- Das Produkt darf nicht gegen geltendes Recht verstoßen.
- Das Produkt darf keinen kommerziellen Interessen dienen, Werbung und Gewinnspiele sind verboten, Sponsoring allerdings zulässig
Bürgermedienplattform
Die Bürgermedienplattform wird seit 2016 von der TU Dortmund, die auch NRWision betreibt, entwickelt und wurde nach Abschluss des Testbetriebs unter die Marke NRWision gefasst. Die Bürgermedienplattform ist in diesem Sinne eine Weiterentwicklung der TV-Mediathek. Während weiterhin TV-Beiträge und Videos, die im linearen Fernsehprogramm laufen, erfasst werden, sind in der Bürgermedienplattform auch Audiobeiträge einzureichen und anzuhören. Dementsprechend können auch Bürgerradio- und Campusradiomacher*innen ihre Werke bereitstellen. Grundsätzlich steht die Bürgermedienplattform jeder Person offen, auch wenn sie sich nicht auf den klassischen Verbreitungswegen von Bürgerradio und Bürgerfernsehen beteiligt.
Relevante Dokumente
- Das Landesmediengesetz mit § 40 c
- Die Nutzungsregelung von NRWision
Voraussetzungen für teilnehmende Personen:
- Produzieren kann grundsätzlich jede Person
- Voraussetzung ist lediglich die Registrierung bei NRWision, entweder als Privatperson oder als Gruppe bzw. Einrichtung
Voraussetzungen für die zu erstellenden Produkte:
- Das Produkt darf nicht gegen geltendes Recht verstoßen.
- Das Produkt darf keinen kommerziellen Interessen dienen, Werbung und Sponsoring sind verboten.
Für den Einstieg stehen verschiedene Wege zur Verfügung, wobei es im Bürgerfernsehen und bei der Bürgermedienplattform möglich ist, auch als einzelne Person Beiträge einzureichen. Wer erst einmal selbst Hand anlegen möchte, kann z. B. die Medienbox NRW nutzen, in der zahlreiche Online-Kurse und Tutorials für den Einstieg ins Medienmachen kostenfrei bereitgestellt werden.
Über Einrichtungen
An vielen Orten in Nordrhein-Westfalen bestehen Einrichtungen, meist gemeinnützige Vereine, die vor Ort Bürgermedien produzieren, darunter z. B. zahlreiche Radio- und Medienwerkstätten. Sie unterstützen nicht nur bei der Beitragsproduktion durch Fachwissen, Technik und Räumlichkeiten, sondern können auch bei den Formalitäten aushelfen. Viele unserer Mitglieder bieten solche Dienstleistungen an und haben den Vorteil, bereits bestehende und erfolgreich produzieren Gruppen zu kennen.
Über bestehende Gruppen
Es ist immer eine gute Idee, sich nach bestehenden Produktions- bzw. Redaktionsgruppen umzusehen. Es gibt viele Gruppen, die sich über neue Mitstreiter*innen und Nachwuchs, egal welchen Alters, freuen. Einen guten Überblick über aktive Gruppe bietet z. B. die Übersichtsseiten von NRWision:
Technik, Räumlichkeiten und sonstige Infrastruktur kann von bürgermedialen Einrichtungen vor Ort zur Verfügung gestellt werden, darunter auch bei zahlreichen unserer Mitglieder.
Zudem verfügt die Landesanstalt für Medien NRW über vorbereitete Techniksets, die beim Fachbereich Medienorientierung angefragt werden können.
Viele lokale Einrichtungen verfügen über eigene Webseiten, in denen z. B. auch Texte, Fotostrecken und andere journalistische und mediale Produkte gezeigt werden. Folgende klassische Verbreitungswege stehen darüber hinaus zur Verfügung:
Bürgerradio & Bürgerfunk
- Ausstrahlung täglich in den festgelegten Bürgerradio-Sendefenstern in den UKW-Lokalradiosendern von Radio NRW
- Montag bis Samstag: 20:00 bis 21:00 Uhr (wenn nicht anders vereinbart)
- Sonntag und feiertags: 19:00-21:00 Uhr (wenn nicht anders vereinbart)
- Jederzeit abrufbar in der Mediathek von NRWision (sofern der Beitrag von den Macher*innen dort eingestellt wurde)
Bürgerfernsehen und Campus-TV
- Lineares 24h-Fernsehprogramm bei NRWision
- Jederzeit abrufbar in der Mediathek von NRWision (sofern der Beitrag von den Macher*innen dort eingestellt wurde)
Campusradio
- Ausstrahlung in einem der dreizehn CampusRadios über eine Frequenz, die vor Ort empfangbar ist
- Jederzeit abrufbar in der Mediathek von NRWision (sofern der Beitrag von den Macher*innen dort eingestellt wurde)