„Nein, wir kommen nicht zur Anhörung zum Entwurf der Fördersatzung. Verlieren können ja – aber sich von der LfM auch noch verhöhnen lassen – das geht zu weit. Wie es zurzeit aussieht, hören fast alle Gruppen bei uns auf. Die Hauptamtlichen werden zum Jahresende oder Ende Januar entlassen.“ (Eine der ältesten und bislang größten Radiowerkstätten in NRW)
Statements zur Situation des Bürgerfunks und der Radiowerkstätten vor Ort (wird laufend ergänzt):
„Wir haben 16 Jahre lang gerne Bürgerfunk gemacht, weil wir uns als erweiterte VHS-Einrichtung verstanden. Wir wollten Allgemeinwissen auf allen Ebenen in einer angenehm anzuhörenden Form weitergeben – und auch Informationen aufarbeiten, die länger dauern als zwei oder drei Minuten. Da dies nicht mehr erlaubt ist, werden wir unsere Radiowerkstatt zum Jahresende schließen. Es gibt zwar auch aus dem Sendebereich Interessantes zu berichten – aber das halten wir für eine faden Ersatz für unser Gesamtkonzept. Auch die nach hinten verschobene Sendezeit hat die Mitglieder unserer Gruppe frustriert. Die meisten Radiotreffer(innen) sind bereits im Rentenalter und nehmen die Veränderungen nicht so tragisch. Allen jüngeren, aktiven Radiomacher(innen) wünschen wir den Enthusiasmus, den wir vor allem in den Anfangsjahren hatten. Vielleicht gibt es ja in Zukunft doch wieder einen Bedarf an bürgernahen Berichten und Wissensvermittlung, auch über den Tellerrand hinaus.“
Ursula und Günter Hellmann, Radiotreff Gl, Leichlingen
(Anmerkung der Redaktion: Dass sie über den Tellerrand hinausschauen, haben Ursula und Günter Hellmann mehr als einmal bewiesen: So beteiligten sie sich u. a. als älteste Mitglieder im Team der crossmedialen Tagungsdokumentation „Phoenix für Bürgermedien 2005“. Ursula Hellmann (als Radiofrau) wirkte mit an der Gestaltung und Moderation eines täglichen Fernsehmagazins)
„Hallo hier Krefeld. Eine Radiowerkstatt hat den Betrieb schon eingestellt, zwei weitere werden im Dezember 2007 folgen. Diverse Gruppen aus den noch verbleibenden Studios machen schon jetzt keine Sendebeiträge mehr. Die Begründungen sind immer die gleichen: Wir haben es durch Kurse bei der Hörfunkakademie in Dortmund erlernt, mit Zertifikat – und jetzt wieder ein Führerschein und noch mehr Auflagen. Wir wollen Radio machen – unsere Themen an die Hörer bringen und nichts anderes… Bei den anderen Radiowerkstätten sieht es ähnlich aus, dort verlieren auch einige Gruppen das Interesse. Auch durch die neue Regelung 21 Uhr.“
„Im Kreis Mettmann sind die entsprechenden Vorschriften (Sendezeiten, keine fremdsprachigen Sendungen, Kürzung der Sendezeit) umgesetzt worden. Einige Produktionsgruppen haben aufgegeben, die Stimmung bei den anerkannten Radiowerkstätten (VHS Velbert-Heiligenhaus, VHS Ratingen, Kath. Bildungswerk für den Kreis Mettmann) ist schlecht. Gerade kommt ja die neue Satzung für die Nutzung der Sendezeiten herein und wird auch nicht gerade begrüßt. Ich denke, ab 1.1.08 wird der Bürgerfunk im Kreis Mettmann zum großen Teil wegbrechen.“
Radiowerkstatt in Ostwestfalen:
„Da hat echt einer die Verwaltungssau durchs Dorf getrieben. Die Satzungen und Konzepte der LfM legen die Hürden für BürgerfunkmacherInnen (insbesondere Neueinsteiger) so hoch, dass der Zugang zum Bürgerfunk nahezu ausgeschlossen ist. Menschen, die eine zeitnahe Sendung aus einem akuten Anlass produzieren wollen, müssen erst 36 Stunden qualifiziert werden, wobei niemand weiß, wann diese Qualifizierungen angeboten werden. Wenn die Qualifizierungen und die Sendung dann stehen ist das Thema wahrscheinlich „verpufft“. Hier wird seitens der LfM durch unsinnige Verwaltungsvorschriften die Zugangsoffenheit zum Bürgerfunk blockiert. Einmalproduzierende werden qua Satzung und (vermutlich) qua Richtlinien vom Bürgerfunk ausgeschlossen. Ich hätte nicht gedacht, dass das, was die Landesregierung uns schon mit dem neuen Gesetz angetan hat, noch von der LfM zu toppen ist.“
Radiowerkstatt im Bergischen Land:
„Über die Hälfte der Gruppen springt spätestens ab 2008 ab.“
Radiowerkstatt im südöstlichen Ruhrgebiet:
„Die Gruppen sind verunsichert, aber die meisten produzieren vorerst weiter. Drei Gruppen haben auf vierteljährliche Produktion umgestellt und wollen abwarten. In den Gruppen laufen die Diskussionen bis hin zu kräftigem Streit. Einzelne Mitglieder in zwei Gruppen haben ihre Mitarbeit eingestellt. Insgesamt kann ich sagen, dass das Interesse am Qualitätsprozess erst mal zum Erliegen gekommen ist. Alle warten auf die konkreten Ausführungsbestimmungen.“
Radiowerkstatt im westlichen Ruhrgebiet:
„Radiowerkstatt xy steigt aus Projekt Qualitätsmanagement aus – Durch die Novellierung des LMG sowie die Nutzungssatzung und den Entwurf der Fördersatzung und deren praktische Auswirkungen wird sich das xy grundlegend verändern müssen. Das hat insbesondere eine personelle Umstrukturierung von der Hauptamtlichkeit zur ausschließlichen Ehrenamtlichkeit zur Folge. Damit ist das xy von morgen aber eben auch ein ganz anderes als das xy von heute. Eine Testierung des xy in der aktuellen Struktur macht u. E. aber keinen Sinn, wenn das xy morgen ein gänzlich anderes sein wird. Wir halten eine vergangenheitsbezogene Testierung für nicht sinnvoll.“
(Anmerkung der Redaktion: Eine der ältesten und bislang größten Radiowerkstätten in NRW, die bei der 2006 erschienenen Studie von Prof. Volpers im Auftrag der Landesanstalt für Medien NRW „Bürgerfunk in Nordrhein-Westfalen – Eine Organisations- und Programmanalyse“ sehr gut bewertet worden ist.)
Köln/ Aachen:
„Leider findet in Aachen seit dem 1.7.07 der hiesige Bürgerfunk bereits nach den neuen Vorgaben der LfM statt – wenngleich das, soweit ich da informiert bin, nicht im Sinne von Radio Aachen war. Die wollten erst mit Beginn des neuen Schuljahres umstellen. Wie dem auch sei. Die Sendezeiten sind halbiert und damit auch das Sendeaufkommen der hiesigen Radiowerkstätten mit den ja bekannten finanziellen Folgen. Aber auch andere Auswirkungen sind sichtbar: Gruppen ziehen sich zurück; geplante Themen können nicht mehr bearbeitet werden; Sendekontinuitäten gehen verloren; neue Sendezeit bewirkt auch nichts Gutes …die Liste wäre sehr viel länger – wie wahrscheinlich überall in NRW bei den Bürgerfunkstudios und Gruppen.“
„In Köln hat die VHS aufgehört wegen der Novelle. In Aachen werden wird FARa mit ziemlicher Sicherheit zu Beginn des Jahres aufhören. Im Kreis Aachen ist Bürgerradio-Kreis-Aachen kurz davor, im nächsten Jahr aufzuhören.“
Radiowerkstatt im Münsterland:
„Bei uns haben drei feste Gruppen bereits aufgehört. Und bei Anfragen von einmalig produzierenden Gruppen merkt man eine deutliche Zurückhaltung, wenn die neue Sendezeit genannt wird. D. h. die tolle Übergangsregelung mit den Förderminuten bringt uns nix. Wir werden jetzt schon einen sehr starken Einbruch bei der Finanzierung erleben. Wovon soll ich in Zukunft Telefon, Versicherung oder Honorar bezahlen?“
Radiowerkstatt im Ennepe-Ruhr-Kreis:
„Inzwischen läuft der Bürgerfunk seit dem 1.8.07 nur noch von 21 – 22 Uhr, außer an Sonntagen. Dies führte dazu, dass das Interesse der Gruppen, eine Sendung zu produzieren, eher abgenommen hat. Als kleine Radiowerkstatt hatten wir noch nie viele Gruppen, sondern einzelne Interessenten aus Vereinen und Selbsthilfegruppen, die sich zutrauten, eine Sendung zu gestalten. Bei der jetzigen Vorgabe, mindestens drei Mitglieder aus einem Verein etc. zusammen zu bekommen, dürfte es oftmals schwierig sein. Bisher haben wir die Sendung mit den Interessenten konzipiert und dann immer gemeinsam die Moderation gemacht. Ein weiteres Problem ist die neue Sendezeit. Wer hört um 21 Uhr noch Bürgerfunk? Von 19 – 20 Uhr hat Radio EN bzw. der Bürgerfunk 1,9% Zuhörer (von 290.000 EW im EN-Kreis), diese Zahl dürfte jetzt noch mal drastisch zurückgegangen sein. Problematisch wird auch die Vergabe der Fördermittel sein. Ab 1.1.08 werden weitere Bürgerfunkgruppen bzw. Interessenten wegbleiben, weil sie an einer Projektarbeit nicht interessiert sind und man sich auch fragt, was haben die medienpädagogisch Geschulten im Anschluss davon? Wo und wie sollen sie denn Bürgerfunksendungen produzieren? Das will das neue Gesetz eigentlich gar nicht mehr.“
Radiowerkstatt in einer westfälischen Kreisstadt:
„Theorie und Praxis – oder: „Es könnte so einfach sein, ist es aber nicht“! (Die Fantastischen 4)
Die fantastischen zwei Regierungsfraktionen aus dem Düsseldorfer Landtag haben dem Bürgerfunk in NRW eine neue „gesetzliche Grundlage“ verpasst und die fantastische Dritte im Bunde, die Landesanstalt für Medien, hat dieser Grundlage nun mit neuer Nutzungs- und Fördersatzung ein Gesicht gegeben. Wer sich ab 2008 im Bürgerfunk zu Wort melden will, braucht einen „Radiopass“ und muss dafür die Teilnahme an mehrtägigen, inhaltlich exakt festgelegten Schulungskursen nachweisen. Ausgefeilte (Medien-) Pädagogik, sauber verschult organisiert. Die Idee (Theorie) ist so schlecht nicht. Manches bisherige Bürgerfunk-Gewächs könnte Qualifikation auf der einen und/ oder anderen Ebene gut gebrauchen. Der Murks freilich liegt nun in der konkreten Konstruktion, in diesem verschulten Kurssystem. Dieses entspricht nämlich weder der Interessen aktueller Nutzer noch denen potentieller, neuer Bürgerfunkgruppen.
Stellen wir uns einmal die Frage, was die Absicht von Bürgerfunkproduzenten sein könnte: Womöglich das Ansprechen der Öffentlichkeit mit einem eigenen Thema, eigener Musik oder anderen, selbst gewählten Inhalten?! Bis auf Wenige, die vielleicht einmal Radio später zu ihrem Beruf machen wollen, wird der Erwerb von Medienkompetenz zumindest kein erklärtes Ziel sein. Die Pädagogik im Vordergrund widerspricht jedenfalls erst einmal den Interessen der Nutzer. Die wollen nicht auf die Schulbank, sondern Sendungen gestalten, die auch beim Hörer ankommen. Dies gilt in besonderem Maße für neue Kandidaten, die nur eine einzelne Sendung zu einem bestimmten Thema haben wollen. Wer will da erst einmal einen halben VHS-Kurs und einen Radioführerschein mit Prüfung machen, bevor es an eine einzige Sendung geht?! Grade die (angeblich) gewollte publizistische Ergänzung im Lokalen wird so im Ansatz abgewürgt. Vielfalt, Neuzugänge und lokale Inhalte werden mehr denn je auf der Strecke bleiben. Klassenziel verfehlt! Aber wer weiß, vielleicht war es ja gar nicht das Ziel…
Unser Hauptproblem wird bleiben, demnächst überhaupt Leute zu finden (außer einigen Musikfreaks usw., die unbedingt weiter senden wollen, auch um 21 Uhr), die sich in diesen Bildungskursen „schulen“ lassen oder an aufwändigen Projekte beteiligen. Mangels Planungssicherheit werden unsere Arbeitsverträge gekündigt. Damit sind erst einmal de facto 1,5 Jobs gestrichen, wobei z. Zt. unsicher ist, ob unter dem neuen Gesetz weiter Hauptamtlichkeit einrichtbar ist.“
Radiowerkstatt am Niederrhein:
„Viele aktive ehrenamtliche Gruppen haben schon aufgehört oder sind so frustriert, dass man zurzeit nur Motivationshilfe geben muss. Dieses gelingt den RW-Leitungen natürlich zurzeit auch nicht immer. Weiterhin bleiben viele Fragen z. B. zum Zugang offen. In welchem Seminar bekommt eine Kinderradiogruppe (8 -12 Jahre) z. B. ihren Radiopass? Verschiebungen wegen Sport müssen geregelt werden. Bei uns gibt es dreimal die Woche Eishockey. Di, Fr, So und dann von 18 oder 19 – 22 Uhr. Wohin mit dem Bürgerfunk??? Es gibt noch keine Antwort darauf von der LfM. Auto fahren darf man mit nem Führerschein, aber die Beifahrer brauchen auch einen. Und der zukünftige Fahrlehrer braucht dann den Astronautenschein … und das jedes Jahr aufs Neue.“
Radiowerkstatt im nördlichen Ruhrgebiet:
„Ich bin auch der Meinung, dass die LfM noch wesentlich mehr und wesentlich restriktiver regelt als das, was der Gesetzgeber eigentlich fordert. Es würde doch z. B. auch reichen, wenn jede Gruppe aus mindestens zwei Personen besteht!“
Radiowerkstatt im östlichen Ruhrgebiet:
„Obwohl uns die Veranstaltergemeinschaft stets ihre Unterstützung zugesagt hat, werden sie sich natürlich nicht den gesetzlichen Vorgaben widersetzen können und spätestens zum Jahresende den Bürgerfunk zeitlich nach hinten schieben. Einige unserer Mitglieder haben bereits ihr persönliches Radio-Aus verkündet, wenn „ihre“ Sendungen erst um 21 Uhr laufen werden.
Mit Sorge betrachten wir die zukünftigen Auflagen für das „Radiomachen“. Hier wissen wir jetzt schon von Leuten aus unserem Team, die diese Entwicklung nicht mitmachen und aus dem Bürgerfunk aussteigen werden. Diese Entscheidung ist absolut bedauerlich, da diese Radiomacher/-innen zum Teil seit 17 (!!!!) Jahren Bürgerfunk machen (bzw. vor BF-Sendestart Krankenhausfunk), in diesen Jahren zahlreiche Mitglieder geschult und für den Bürgerfunk begeistert haben, und von denen nun erwartet wird, einen „Radio-Führerschein“ abzulegen. Diese Entwicklung kann überhaupt nicht nachvollzogen werden. Hier sollte vielleicht noch einmal darüber nachgedacht werden, den „Führerschein“ nur von neuen Radiomacher/-innen zu verlangen und bei den Bürgerfunkern, die z. B. schon länger als fünf Jahre nachweislich bürgerfunktauglich aktiv sind, davon abzusehen. Gerne könnten die verantwortlichen Redakteure der Lokalsender eine solche „Freigabebescheinigung“ für „gestandene und erfahrene Bürgerfunker“ ausstellen und bei der LfM vorlegen. Dieses Procedere würde besonders in der Übergangszeit bei der Umsetzung des neuen Gesetzes den Bestand des Bürgerfunks an der Basis sichern und die anstehende Arbeit der Medien-Trainer konkretisieren. Die Medien-Trainer können sich somit verstärkt auf die noch „unerfahrenen Radiomacher/-innen“ konzentrieren.
Als sehr problematisch beurteilen wir auch die finanzielle Zukunft unserer Radiowerkstatt. Da Einnahmen wahrscheinlich nur noch über zeitaufwändige Projekte erzielt werden können, bleibt abzuwarten, wer von unseren Mitgliedern die Qualifikation und vor allen Dingen die Zeit dafür hat. Sämtliche Mitglieder arbeiten ehrenamtlich und gehen dabei zum Teil schon jetzt an die zeitlichen Belastungsgrenzen. Man muss schon jetzt sehr „radioverrückt“ sein, um den Laden qualitativ gut am laufen zu halten (dass wir das können, haben wir bewiesen, denn wir haben mit Wirkung vom 21.08. unser QMB-Zertifikat erhalten). Das neue Gesetz verlangt noch mehr Einsatz von uns allen.
Letztlich bleibt abzuwarten, wer von unseren über 30 Radiomachern/-innen die einschneidenden Veränderungen mitmachen wird und kann. Wir gehen momentan davon aus, dass wir nach Realisierung des neuen Gesetzes mehr als die Hälfte unserer Bürgerfunker verlieren werden. Somit wird mit einem Federstrich die Arbeit und ehrenamtliches Engagement von über 17 Jahren nicht nur in Frage gestellt, sondern auch spätestens zum Jahresende vernichtet.“
Bistum Münster schließt Bürgerfunkstudios
Münster/ Bocholt (KNA) Das Bistum Münster schließt zum 30. Juni seine Bürgerfunkstudios in Münster und Bocholt. Grund sei der Beschluss der Landesregierung, die Sendezeiten auf 21 Uhr zu verschieben und zeitlich zu begrenzen, teilte der Bocholter Studioleiter Martin Wißmann am Donnerstag mit. Das werde die Hörerzahlen wesentlich verringern. Generalvikar Norbert Kleyboldt sagte in Münster, dadurch könne das Medium nicht mehr sinnvoll für die Öffentlichkeitsarbeit kirchlicher Gruppen genutzt werden.
Die für die Bürgerfunker „demotivierende“ Verschiebung der Sendezeit falle in eine Zeit, in der sich das Generalvikariat ohnehin umstrukturiere, teilte die Pressestelle des Bistums mit. Angesichts langfristig sinkender Kirchensteuereinnahmen sei Verschlankung geboten. Die Studiomitarbeiter erhielten andere Aufgaben in der Diözese. Die Schließung der Studios gehe auch nicht zu Lasten der diözesanen Medienarbeit. „Wir werden auch weiterhin für mediale Präsenz in allen Regionen des Bistums sorgen“, so Kleyboldt.
„Studios haben viele Preise erhalten“
Die Radiowerkstätten waren 1991 gegründet worden. Der Generalvikar zog eine positive Bilanz ihrer Arbeit. Sie hätten viele Gruppen aus Gemeinden und Verbänden für das Radiomachen qualifiziert und dadurch „kirchliche Informationen und Positionen über die Lokalradios an die breite Öffentlichkeit transportiert“. Dafür hätten die Studios sowie ihre beiden Leiter Wißmann und Ludger Schulte-Roling etliche Auszeichnungen erhalten.
Der Münsteraner Studioleiter Schulte-Roling betonte, einige besonders engagierte Bürgerfunkgruppen hätten schon nach der mancherorts bereits erfolgten Verschiebung des Sendebeginns auf 20 Uhr aufgegeben. „Aufwand für die Produktion und Ertrag in Form von Reichweiten und Reaktionen passen jetzt einfach nicht mehr zusammen.“
„Situation im Kreis Borken 30.08.2007:
– das Bistumsstudio wurde geschlossen (bisher Produzent von mehr als zwei Drittel der Bürgerfunksendungen)
– fast alle Gruppen des Bistumsstudios haben aufgegeben.“
Martin Wißmann, ehemals Bistumsstudio Bocholt
Neues Bürgerfunk-Format: Stromlinie – Statement eines Bürgerfunkers aus dem Rheinland
„Dogmatisches Verhalten“ war laut Ausschreibungstext bei Bewerbern für eine Trainerschulung innerhalb des QMB-Projekts bei der DHA unerwünscht. Als ich das las, fragte ich mich: Was soll „dogmatisches Verhalten“ in diesem Zusammenhang bedeuten?
Ich kam auf nichts anderes als: Kritisches Denken – NEIN DANKE. „Bitte nicht bei uns“ zu jedem, der nicht bereit ist, sich stromlinienförmig wegzuducken und JA zu sagen zu egal welchen haarsträubenden und unausgegorenen, inkompetenten Zumutungen, die uns die Politik vorsetzt. „Wenn Sie nur vielleicht hier noch ein Komma ändern könnten.“ NEIN DANKE zu Leuten, die es wagen, Dinge beim Namen zu nennen. Zu welcher Art von Demokratie- und Medienkompetenz sollen Kinder und Jugendliche in künftigen Schulprojekten qualifiziert werden? Zu Opportunismus und Maul halten wider besseres Wissen?
Diese Gedanken gingen mir wieder durch den Kopf, als ich heute den untenstehenden Tagesschau-Kommentar las: „Schäuble hat den Schuss nicht gehört“ (gesamten Text lesen lohnt sich). Eine so obrigkeitskritische Haltung, wie sie dieser Kommentator an den Tag legt, mit einer so pointierten Wortwahl, wäre wohl in Bürgerfunk-Kreisen – insbesondere den „qualitätszertifizierten“ – inzwischen äußert unerwünscht und verpönt. Es würde wohl als irgendwie unangenehm „dogmatisch“ gelten.
Soweit ist es gekommen. Kollegen in den etablierten Medien – trotz aller Abhängigkeiten – trauen sich Kritik und klare Worte. Nicht immer, aber es ist möglich. Der Bürgerfunk allerdings – einst gemeint als Domäne des freien Wortes, der „Gegenöffentlichkeit“, die die Volpersstudie unter dem Begriff der lokalpublizistischen Ergänzung wieder einforderte -, dieser Bürgerfunk knebelt sich neuerdings selbst, mit aktiver Mithilfe einiger, die sich scheinbar als neue Qualifizierungselite sehen. Da wäre eine Meinungsäußerung mit dem kritischen Gehalt des Tagesschau-Kommentars erfahrungsgemäß ein absolutes No-No.
„Brinkmeiers Argumente ziehen nicht“ oder „Wie stark ist die NRW-Verlegerlobby?“ (vgl. Tagesschau-Kommentar): Wer von der neuen Qualitätselite hätte diese Zeilen unterschrieben? Einige ja. Aber eine ganze Reihe ganz sicher nicht.
Auf der Strecke bleiben: Die unabhängige Meinung und das freie Wort. Beides hatte ich bisher immer für Kerngedanken des Bürgerfunks gehalten. Und genau diese Grundgedanken, dachte ich, wollten wir auch Kindern und Jugendlichen vermitteln. Als Beitrag zur Demokratiekompetenz. Nun ja, die Zeiten ändern sich. Man sollte dem Nachwuchs sagen: Wenn ihr kritisches Denken und den Mut kennenlernen wollt, eine unabhängige Meinung zu vertreten, dann schaut zum Beispiel mal Tagesschau oder lest www.tagesschau.de. Aber erwartet nicht, dass ihr es beim Bürgerfunk lernen könnt. Denn da wird sowas neuerdings abtrainiert.
„Demokratie NEIN DANKE – Statement eines Bürgerfunkers aus Paderborn
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