Seit heute, 19.04.2013, 16 Uhr, sind bei der Online-Konsultation zur Novelle des Landesmediengesetzes NRW keine Einträge mehr möglich.
In den letzten zwei Tagen ist unserer Beobachtung nach noch einmal ein wahrer Schub an Einträgen erfolgt. Da verhält es sich in einer Online-Konsultation ganz offenbar nicht anders als im sonstigen Leben: Viele Menschen erledigen Dinge eben gerne auf den letzten Drücker.
Für diejenigen, die jetzt noch etwas loswerden wollen, bietet sich als Alternative an, ihre Kommentare folgende E-Mail-Adresse zu mailen: nrwdirekt@nrw.de.
Als weitere Alternative bieten wir an, Beiträge über die Kommentarfunktion in diese Seite einzustellen. Das geht auch anonym, die Angabe von Name und E-Mail-Adresse ist möglich, aber nicht notwendig.
Bitte den Begriff Bürgerfunk streichen. Liebe Politiker/innen, macht es doch endlich einfacher, klarer und ehrlicher. Nennt es nur noch Medienkompetenzvermittlung. Und/oder Ausbildung und Erprobung. Streicht den zweiten Funktionsauftrag, die publizistische Ergänzung. Partizipation auch. Warum zum xten Mal erklären, dass das um 21 Uhr im Radio nicht funktionieren kann? Und auch um 20 Uhr nicht? Warum immer wieder Zahlen rauskramen, Forschungsergebnisse, die gemeine Alltagserfahrung und den gesunden Menschenverstand zitieren? Warum reitet ihr immer noch rum auf „Partizipation“, wenn ihr sie nicht wirklich wollt? Weil es zum Inventar der Begriffe und Behauptungen gehört? Warum muss man immer und immer wieder sagen und schreiben, dass Bürgerfunk ohne lokale Strukturen nicht funktionieren kann? Dass das, was ihr behauptet, erreichen zu wollen, lokale Einrichtungen braucht, die sich die nötigen Angebote und Kontinuität leisten können. Sagt es doch endlich klar und offen: Ihr wollt keine bessere Sendezeit, ihr wollt keine lebensfähigen Radiowerkstätten. Erspart uns doch die Mühe und Lebenszeit für die ewig gleichen und immer neuen Erklärungen. Als bräuchtet ihr die. Da kann man doch noch so viel reden. Ihr wollt einfach nicht. Streicht die Partizipation. Das erleichtert vieles. Für euch, und für uns auch. Dann braucht niemand mehr Illusionen hinterherzulaufen und immer wieder versuchen, euch beim Wort zu nehmen. Lasst die Worte, die ihr nicht halten wollt, einfach weg.
Aus den Worten von Anonymous spricht viel Frust. Und das ist auch verständlich. Viele ( sicher nicht alle ) Politiker nehmen uns nicht richtig ernst, obwohl sie gern unsere Stimmen bei Wahlen kassieren. Wer es aus der Politik mit Partizipation wirklich ernst nimmt, der sucht auch das persönliche Gespräch, macht sich vor Ort auch einmal kundig. Ich habe nicht ein einziges Mal, Ansprache erhalten oder einen Landespolitiker bei uns begrüßen können. Desinteresse oder keine Zeit? Das Erstere wird wahrscheinlicher sein. Ein SPD Landtagsmitglied aus dem Nachbarwahlbezirk nahm auf Anfrage den Kontakt zu mir auf und gab auch eine, wie ich meine, ehrliche Antwort auf meine Fragen. Will heissen in der Qintessenz, dass wir nicht zu viel von den derzeitigen politischen Kräften erwarten sollten. Ich finde das ebenfalls sehr frustrierend und nicht der Sache dienlich.
„Der Bürgerfunk hat so keine Chance!“
Als ehemaliger Produzent im Dortmunder Bürgerfunk habe ich irgendwann leider lernen müssen , dass die „Umgebung“ für einen selbstbestimmten, kreativen und verantwortlichen Umgang mit dem Medium ungeeignet ist, weil er in dem Teil der Radiolandschaft stattfinden soll, der in erster Linie ökonomischen Interessen verpflichtet ist.
Was u. a. bedeutet,
• dass der Bürgerfunk genau da gehört werden soll, wo der mediale Alltag nur ganz am Rande mit der Vermittlung von Medienkompetenz oder einer innovativen und kreativen Publizistik verbunden ist.
• dass dem Bürgerfunk häufig Dilettantismus vorgeworfen wird, wenn er seinen Beitrag zur gesellschaftlichen Meinungsbildung leistet und dabei angeblich keinen Sinn für Einschaltquoten erkennen lässt
• dass der Bürgerfunk nicht nur von den Veranstaltergemeinschaften, sondern auch im politischen Diskurs häufig als Fremdkörper verstanden und entsprechend behandelt wird.
Als ich 1995 zum ersten Mal auf Sendung ging, hatten wir Bürgerfunker auch ohne Live-Element noch das Gefühl, in das Zwei-Säulen-Modell hineinzupassen:
• Wir waren in der Lage, „Radio zu machen“, weil wir bei der Nutzung und Gestaltung einen Profi aus der Lokalradio-Redaktion an unserer Seite hatten.
• Wir waren zu einer Sendezeit on Air, die auch heute noch zum Erhalt der wirtschaftlichen Basis eines Lokalradios nicht zwingend notwendig erscheint und die uns trotzdem die Chance auf eine relativ große Hörerschaft eröffnet hat.
• Wir hatten durch die damals noch vorhandene Minutenförderung immer das sehr wichtige Gefühl, durch unsere Sendungen den Erhalt und die Weiterentwicklung des technischen Equipments selber gewährleisten zu können, gleichzeitig aber auch für die finanzielle Basis einer medienpädagogischen Begleitung mitverantwortlich zu sein.
In der Zwischenzeit sind die Sendezeiten des Bürgerfunks gekürzt und gleich mehrfach verschoben. Er wird nun spätabendlich im „Fernsehschatten“, ohne Aussicht auf eine nennenswerte Hörerschaft, ausgestrahlt.
Eine redaktionelle oder materielle Unterstützung durch Veranstaltergemeinschaften oder Lokalradioredaktionen findet nicht mehr statt.
Die Minutenförderung gehört ebenfalls der Vergangenheit an. Ein durch Schulungen zu erwerbender Radiopass gilt als Zugangsvoraussetzung für die Teilnahme am Bürgerfunk.
Wenn ich mich recht erinnere, wurde das LMG 2007 im Bereich des Bürgerfunks vor allem deshalb geändert, um das – laut LfM angeblich verbesserungsbedürftige – Qualitätsniveau anzuheben. Die wirtschaftlichen Interessen wurden hinter dieser scheinbar „guten Absicht“ versteckt.
Der neue Entwurf schreibt aus meiner Sicht nun endgültig fest, dass sich das duale System in der einmal gedachten Form erledigt hat. Man sucht vergeblich nach Passagen, in denen die oppositionellen, medienpolitischen Stellungnahmen des Jahres 2007 ihren Ausdruck finden. Statt den Bürgerfunk endlich aus einem Korsett zu befreien, das ihn vor allem einzuschnüren versucht, wird er auch weiterhin so reguliert, dass er sich schon bald von alleine erledigt hat.
Ich hatte 13 Jahre lang das Vergnügen, on Air und dabei u. a. auch im Kontakt mit vielen Hörern zu sein. Ich habe mich dabei, ohne es wirklich zu wollen, dem Lokalradio-Niveau u. a. mit Gewinnspielen und einer angeblich hörergerechten Wortbeitragslänge angepasst. Und ich habe dabei erfahren, dass sich so die „normale“ Hörerschaft eines Lokalradios erreichen und mobilisieren lässt. Das mag ein Hinweis darauf sein, dass es einen gemeinsamen Nenner geben kann. Stellt sich nur die Frage, ob sich der Bürgerfunk dazu nicht in einem Sinne verbiegen muss, der in der ursprünglichen Konzeption mit Sicherheit nicht beabsichtigt war und der im Gesetzestext inzwischen ausgeschlossen ist
Die Erfahrungen in anderen Bundesländern haben gezeigt, dass guter Bürgerfunk unter anderen Bedingungen möglich ist. Da wird u. a. auch anerkannt, dass die Produktion einer Sendung, die der Meinungsbildung, der gesellschaftlichen Information und Diskussion oder die als Forum „neuer“ Inhalte oder Themen dient, nicht nur im professionellen Bereich mit einigem Aufwand verbunden ist. Es gilt ja schließlich nicht nur mit den theoretischen, historischen oder handwerklichen Dimensionen des Mediums vertraut zu sein. Auch der Produktionsprozess erfordert bei der Konzeption, bei Recherchen und schließlich auch bei der technischen Realisierung ein großes zeitliches und ehrenamtliches Engagement. Die potentielle Hörerschaft sollte dann aber auch erreichbar sein.
Bodo Bott, ehemals Bürgerfunk, Radio 91.2 und a.r.d. e. V. Dortmund