Die Radiowerkstätten in katholischer Trägerschaft erläutern ihre Position zum Thema Novellierung des Landesmediengesetzes in einem Schreiben an Dr. Michael Brinkmeier, medienpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion.
Das Schreiben mit Antwort als PDF-Datei und hier im Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Dr. Brinkmeier,
unter Bezugnahme auf das Gespräch vom 11.10.06 teilen wir Ihnen unsere Position als Radiowerkstätten in katholischer Trägerschaft und ihnen nahe stehenden Studios (RWK) mit:
Sendezeit und Sendevolumen
Die fünf katholischen Bistümer in NRW haben von Anfang an seit der Etablierung von Privatfunk in NRW etliches an Geld und Personal in den Bürgerfunk gesteckt. Studios wurden errichtet und ausgestattet, im Erzbistum Köln wurde noch in jüngster Vergangenheit erheblich investiert. In einigen der (Erz)Bistümer wurden zwischenzeitlich auch Vereine mit dem Bürgerfunk betraut, die von den Bistümern eine Anschubausstattung bekamen.
Etliche Haupt- und Ehrenamtliche haben kirchliche Gruppen (abgedeckt ist das ganze Spektrum: vom Kindergarten bis zu den bischöflichen Schulen, von der Jugendarbeit bis zur Frauenpastoral, von den Jugend- und Erwachsenenverbänden bis hin zu Gemeinden und Pfarrverbünden, von den offiziellen Gremien bis zu den freien Initiativen) motiviert, geschult und begleitet, damit diese Bürgerfunk machen konnten. Die Gruppen aus dem kirchlichen Raum haben nicht nur explizit Kirchliches verbreitet, sondern sich vielfältigen Themen aus ihrem Orts- oder Stadtteil, aus Kultur und Politik gewidmet. Sie haben wesentlich zum lokalen Kolorit der Sender beigetragen, indem sie ungefiltert und ausführlich Informationen, Positionen und Veranstaltungshinweise an eine breite Hörerschaft brachten.
Diese Qualitäten bietet nur das Medium Bürgerfunk, denn Pressemitteilungen oder Leserbriefe können gekürzt oder verworfen werden, Bürgerfunk aber wird unverändert in voller Länge ausgestrahlt. In keinem anderen Medium erreichen kirchliche Gruppen so viele Menschen, die nicht als Hörer gewonnen werden mussten, sondern einfach weiter zuhören, weil das Radio eingeschaltet war. Bis heute nutzen diesen direkten Draht auch zu vielen kirchenfernen Menschen auch zahlreiche kirchliche Gruppen in allen NRW-Bistümern. Dieser Bürgerfunk braucht möglichst viele Hörer, damit der mit der Produktion verbundene Aufwand sich lohnt.
Zur besten Fernsehzeit am Abend aber hören kaum noch Menschen Radio. Mit einer Entscheidung für einen landesweiten Beginn um 20 Uhr, vermutlich aber wegen der Einigung mit der FDP erst um 21 oder 22 Uhr, würde Bürgerfunk bedeutungslos. Eine Verknappung des Sendevolumens (in Gebieten wo bislang zwei oder mehr Stunden Bürgerfunk üblich war) auf eine Stunde würde auch viele kirchliche Gruppen einengen bzw. verdrängen.
Von der Gesetzesänderung, wie sie die CDU offensichtlich nun beabsichtigt, profitiert vor allem Radio NRW, eines der wirtschaftlich erfolgreichsten Privatradios Europas: es kann dann noch mehr Astro-Talk-Sendungen, Gewinnspiele und vergleichbares verbreiten. Die Lokalradios gewinnen wenig, denn die Abende in ihrem Programm verlieren die lokalen Bezüge, für die Bürgerfunk sorgte. Die von Chefredakteuren und Betriebsgesellschaften gebetsmühlenartig wiederholte Behauptung, Bürgerfunk vertreibe Hörer und dies koste Einnahmen, bleibt unbewiesen. Nachweisbar dagegen ist, dass auch Lokalradios mit vollem Bürgerfunkprogramm, der dort ab 18 oder 19 Uhr ausgestrahlt wird, zu den Quotensiegern und Bestverdienern unter den Lokalradios dienen.
Außerdem weisen wir darauf hin, dass, je mehr die Lokalradios durch landesweite Regelungen gegängelt werden, desto weniger Raum für passgenaue Regelungen im einzelnen Sendegebiet bleibt. In vielen Regionen haben Veranstaltergemeinschaften (in denen immer auch die Betriebsgesellschaften und Chefredakteure vertreten sind) sich auf ausdifferenzierte Regelungen zu Sendezeit und Sendevolumen mit den Bürgerfunkern geeinigt, die sich bewährt haben. Warum will eine CDU, die auch ansonsten eher Subsidiaritätsgedanken anhängt, Dinge auf höherer Ebene regeln, für die auf der unteren Ebene vielerorts längst gute Regelungen getroffen wurden?
Vor diesen Hintergründen bitten wir Sie, zu überdenken, ob Sie tatsächlich Entscheidungen für eine Verlagerung des Bürgerfunks in die hörerarmen Abendstunden und für eine Reduzierung des Sendevolumens auf eine Stunde täglich landesweit treffen und ins neue Landesmediengesetz schreiben wollen.
Gesetz oder Satzung
Ein Funktionsauftrag für den Bürgerfunk, der als dessen Ziele die flächendeckende Partizipation von Bürgern am Medium Lokalfunk, die Medienkompetenzvermittlung und die lokalpublizistische Ergänzung deutlich festschreibt, sollte unserer Auffassung nach auf jeden Fall ins Gesetz. Ebenfalls über das Gesetz wäre unserer Ansicht sicher zu stellen, dass die Landesanstalt für Medien sich über eine Förderung der Arbeit der Radiowerkstätten angemessen an den Kosten des Bürgerfunks beteiligt und dass nicht nur wenige Leuchtturmvorhaben und/oder Qualifizierungsangebote an ausgewählten Orten, sondern viele kleinere und größere Projekte und Aus- und Fortbildungskurse überall im Land ermöglicht werden.
Etwaige Reduzierung der Zahl von Radiowerkstätten
Sollte das neue Gesetz direkt oder indirekt darauf hin abzielen, die Zahl der geförderten Radiowerkstätten zu reduzieren, weisen wir darauf hin, dass eine Neuordnung nicht dazu führen darf, dass jede Radiowerkstatt gezwungen ist, jede nachfragende Gruppe zu unterstützen. Wenn auch künftig eine Trägervielfalt bei den Radiowerkstätten erwünscht ist, muss die Zugangsoffenheit über eine lokale oder regionale Gesamtheit an Radiowerkstätten ermöglicht werden.
Stefan von der Bank, Radiowerkstatt des Katholischen Bildungswerkes, Bergheim
Wolfgang Buck, Radiowerkstatt im Familienforum Edith Stein, Neuss
Rolf Frangen, H&R Studio, Tönisvorst
Elmar Funken, Radiowerkstatt des Katholischen Bildungsforums, Bergisch Gladbach / Leverkusen
Josef Herberg, Radiowerkstatt des Katholischen Bildungswerkes, Bonn
Irene Kann, Radiowerkstatt des Katholischen Bildungswerkes, Solingen / Wuppertal
Paul-N. Mathew, Stadtfunk Essen e.V.
Claudia Mies, Bildungswerk der Erzdiözese, Medienwerkstatt Radio, Köln
Peter Neutzler, Katholische Medienwerkstatt, Meschede
Joachim Pfeiffer, ASG-Bildungsforum, Düsseldorf
Ludger Schulte-Roling, Studio Franz-Hitze-Haus, Münster
Wolfgang Stutzinger, Radiowerkstatt des Kath. Bildungswerkes, Euskirchen
Rainer Tüschenbönner, Radiowerkstatt des Katholischen Bildungswerkes, Köln
Heinz Weinert, Radiowerkstatt des Katholischen Bildungswerkes, Ratingen
Martin Wißmann, Bistumsstudio West, Bocholt / Burgstudio Gemen, Borken
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